Das historische Ereignis
In alten Dokumenten steht geschrieben: Im Februar 1641 zieht ein großer „Haufen“ (Abteilung) aus dem schwedisch-weimarischen Heer unter der Führung von Oberst Rosen durch Franken und belagert Münnerstadt. Die Bürger verweigern die geforderte Übergabe. Der starke Feind beschießt die Stadt, Münnerstadt ist in höchster Not. Plötzlich schweigen die Kanonen. Der Feind räumt die Stellung und zieht ab. Der Grund für den plötzlichen Abzug ist nicht überliefert.
Die Legende
Schon bald nach 1641 glauben die Münnerstädter, ihre Stadt sei auf wunderbare Weise gerettet worden. Eine Legende erzählt: Im Augenblick der größten Not beteten die Münnerstädter inbrünstig zu Maria, der Gottesmutter. Sie erhörte das Flehen der Bürger. Als überlebensgroße Gestalt erschien sie über den Mauern der Stadt und fing die Kugeln der Schweden mit ihren Händen auf. Der Feind floh in furchtbarem Entsetzen. Münnerstadt war gerettet!
Im 18./19. Jahrhundert entwickelte sich der 8. September – Mariä Geburt - zum gelobten Feiertag. In einer großen Prozession, der „Schwedenprozession“, ziehen die Bürger zu den Stadttoren, um sich für die wunderbare Errettung zu bedanken. Seit 1927 stellen die Münnerstädter im ergreifenden Festspiel das Geschehen von 1641 in prächtigen Bildern dar.
Die Geschichte des Heimatspiels
1926 regt der damalige Bezirksamtmann (Landrat) von Bad Kissingen, Freiherr von Moreau, an, zur Belebung des Kurbetriebs in Bad Kissingen und zur Stärkung des Tourismus in Münnerstadt ein Festspiel aufzuführen. Stadtpfarrer P. Josef Eckstein und Bürger der Stadt greifen diese Idee auf. Sie verpflichten 1927 den als Autor bekannten Pfarrer Ludwig Nüdling. Dieser findet bereits beim ersten Besuch in der alten Stadt das richtige Thema: Die Rettung der Stadt im Jahre 1641. Ebenso legt er den Platz für das Spiel fest: den Anger in der Nähe des Jörgentores. Schon wenige Wochen später stellt er den begeisterten Münnerstädtern sein Stück vor. Im Spätsommer 1927 kommt es zu den ersten Aufführungen. Bis 1934 spielt man bis zu elf Mal im Jahr vor Tausenden ergriffener Zuschauer. Hitlers Diktatur und der zweite Weltkrieg zwingen zur Unterbrechung. 1949 greifen die Münnerstädter das Spiel wieder auf. Seitdem wird das Stück von der Schutzfrau alljährlich auf dem Anger von örtlichen Laiendarstellen aufgeführt. Meist wirken die Bürgerinnen und Bürger ein Leben lang in wechselnden Rollen mit und sorgen so dafür, dass ihr Heimatspiel ein fester Anker im Jahreslauf von Münnerstadt bleibt.
Das historische Volksschauspiel „Die Schutzfrau von Münnerstadt“ von Ludwig Nüdling (1874 - 1947) zählt zu den ältesten Festspielen Frankens.
Biografie des Autors
Ludwig Nüdling, Verfasser des Heimatspiels „Die Schutzfrau von Münnerstadt“ wurde an 26.2.1874 in Poppenhausen/Rhön geboren. Nach dem Abitur in Bamberg 1893 besuchte er das Priesterseminar in Fulda. Im Jahr 1897 erhielt er die Priesterweihe und war Pfarrer in Alsberg, Müs. am Vogelberg, Aufenau im Kinzigtal, Kleinsassen am Fuße der Milseburg. 1926 beteiligte sich Nüdling an einem Wettbewerb für ein Festspiel der Bischofsstadt Würzburg. Mit seinem Spiel „Kiliani Frankenfahrt“ errang er den 1. Preis. Dieses Spiel, das in Würzburg auf dem damaligen Neumünsterplatz aufgeführt wurde, gab die Anregung für das Münnerstädter Heimatspiel. Ludwig Nüdling starb am 19.3.1947 in Oberrothhof bei Motzlar im Ulstertal.
Marienverehrung Grundlage des Münnerstädter Heimatspiels
Die Marienverehrung ist tief im religiösen und profanen Volksleben verwurzelt. Maria wurde zur Schutzpatronin von Ländern, Städten, Kirchen, Plätzen usw. erhoben.
Marienlegenden und Mirakel, aufgezeichnet in Mirakelbüchern und -sprüchen, erinnern an den Niederschlag des Marienkults in literarischen Formen. Maria wird als Helferin in allen Notlagen aufgerufen, besonders jedoch in Kriegsgefahr. Ortssagen tradieren Maria als Schutzfrau, die entweder mit Engeln die Verteidigung übernimmt oder die Kugeln feindlicher Geschütze auffängt. Wie ein roter Faden durchzieht dabei die Rose als christliches Symbol für Maria, die Königin des Himmels und der Erden, das mal heitere, mal dramatische Spiel. Seit jeher bringen die Christen ihr religiöses Leben und ihren Glauben mit Blumen zum Ausdruck. Die Rose erreichte dabei im Laufe der christlichen Jahrzehnte eine besonders bedeutende Symbolik für die Mutter Gottes. Hierbei spielen der Rosengarten und die Verehrung des Rosenkranzes eine wichtige Rolle. Viele Künstler zeigen die Verknüpfung von Maria und dem Symbol der Rose anschaulich in ihren Werken.
Quelle: H. Rudolf Becher, „Historische Volksschauspiele in Franken“
Impressionen von den Heimatspielen der letzten Jahre finden Sie hier.